Das erste Programm:

In 80 Tagen um sich selbst

Ab einem gewissen Alter ist es egal, ob gerade die Beziehung oder der Kapitalismus zusammenbricht

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Vielleicht ein Geheimtipp für denjenigen Zeitgenossen, dem Comedy zu flach ist und der politisches Kabarett nicht mehr nüchtern ertragen kann: Der Kabarettist, Lesebühnen-Autor und Slampoet Christof Knüsel zündet weniger das klassische Pointenfeuerwerk mit kreuz und quer fliegenden Späßen, wo einem vor lauter Schenkelklopfen schon mal das Denken quer im Hirn steckenbleibt; vielmehr zieht sich eine rote Zündschnur durch das Programm, mit der er die nachhaltige Detonation bezweckt. Er möchte es zumindest versucht haben, bleibende Dellen am Himmel zu hinterlassen.

Und so dreht sich die Welt, unterstützt von einer E-Gitarre und 50 W Wechselstrom, um die alten Fragen, mit welcher Attitüde man als Sportreporter einen Banküberfall live kommentiert, wie lange es auf unserem lahmarschigen Planeten eigentlich noch 5 vor 12 ist, warum ein Auftragskiller in der Midlife-Crisis mit seinem Beruf unzufrieden ist, und wie weit ein hypothetisches Hungerkind, wenn es im Kabarett auch mal sein Fett abkriegt, wenigstens als Witz salonfähig ist.

Wer, wie Christof Knüsel, im Leben eine gewisse Anzahl an Wänden gestrichen hat, hört auf, Fassaden niederzureißen, sondern sucht das Hintergründige in den Abgründen, die sich von selber auftun. Dabei ist es ab einem bestimmten Alter egal, ob gerade die Beziehung oder der Kapitalismus zusammenbricht. Am Ende bleibt die Lebensfreude und glücklich, wer im grauen Alltag seinen schwarzen Humor nicht verliert.

"Mit Charme schlägt er hinter die Kulissen und wirft schon mal einen niveauvollen Blick unter die Gürtellinie - und das betont unverkrampft." (Jakob Nacken)